München: Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig
Interview mit: Melanie TeichIhre Bibliothek in Worten und Fakten:
Die Münchner Stadtbibliothek besteht aus den 22 Stadtteilbibliotheken, der Stadtbibliothek Am Gasteig, der Fahrbibliothek mit 5 Bücherbussen, den Sozialen Bibliotheksdiensten mit 7 Krankenhausbibliotheken und dem Mobilen Bücherhausdienst, der Juristischen Bibliothek im Rathaus sowie der Monacensia im Hildebrandhaus mit Literaturarchiv. Mehr als vier Millionen Mal wird die Münchner Stadtbibliothek im Jahr von Menschen jeden Alters besucht. Sie ist damit eine der beliebtesten Kultureinrichtungen Münchens.
Die Kinder- und Jugendbibliothek Am Gasteig umfasst mit ca. 60.000 Medieneinheiten den größten Bestand an Medien für 0-bis-16-jährige im ganzen System. Sie ist ein beliebter Ort für Krippen, Kindergärten, Schulklassen, Hortgruppen, Familien und Kinder und Jugendliche, die sich bei uns mit Freunden treffen, gemeinsam oder alleine lernen, oder einfach den Nachmittag verbringen.

Welche Aktivitäten bieten Ihre Bibliotheken an?
Pro Jahr bietet die Münchner Stadtbibliothek weit über 2000 Veranstaltungen an – die Bandbreite reicht von klassischen Lesungen über Recherchetrainings, medienpädagogische Kreativworkshops und Medienführerschein-Kurse, bis hin zu Gemeinschaftsveranstaltungen mit Kooperationspartnern in der ganzen Stadt.
Schulen und Kindrgärten schätzen die Bibliothek als zuverlässigen und kompetenten Kooperationspartner. Wir unterstützen Lese- und Sprachförderung mit unterschiedlichsten Aktivitäten und auf vielfältige Weise.


Haben Sie etwas Besonderes?
In der Münchner Stadtbibliothek verschreibt sich die extra gegründete Kommission Medienpädagogik dem Ziel, neue Trends aufzugreifen und in Bestand und Programmarbeit der Bibliotheken zu integrieren, Mitarbeiter*innen regelmäßig zu schulen, Konzepte zu entwickeln und mit den zahlreichen medienpädagogisch arbeitenden Institutionen der Stadt zu kooperieren.
Welche Rolle haben Ihrer Meinung nach Computer- und Konsolenspiele in der heutigen Kindheit?
Das „Daddeln“ gehört zur Alltagswelt dazu, Geräte aller Art sind aus Kinderhänden nicht mehr wegzudenken. Da wird der Blick von außen schnell mal kritisch, allein weil die ganze Fülle von Angeboten wirklich schwer zu überblicken ist. Es erscheinen ja fast schon stündlich neue Games.
Das Spielen ist aber auch eine Form des sich-selbst-ausprobierens und -erfahrens, es kann die Kreativität anfeuern, Fähigkeiten fördern, einfach Gesprächseinstieg in sozialen Situationen sein – all das, was man auch Büchern positiv zuschreibt.
Was sich außerdem durch die Trends der letzten Jahre deutlich verändert hat: Die Kinder zocken mittlerweile kaum noch für sich alleine. In der Kinder- und Jugendbibliothek ist das typische Bild, dass zwei Kids nebeneinander an den PCs (oder an ihren Handys) im selben Spiel eingeloggt sind und entweder gegen- oder miteinander spielen.

Welche gängigen Probleme haben aus Ihrer Sicht Eltern und Pädagogen bei Computerspielen und Konsolenspielen?
Von der Unüberschaubarkeit des Angebots ganz abgesehen, gehen viele Eltern und Pädagogen davon aus, dass sie der Erwartung gerecht werden müssen, sich in der Thematik in jeder Hinsicht und aus dem FF besser auszukennen, als die Kinder selbst. Zudem berichtet die Presse oft sehr einseitig, oder gar nicht, über neue Spieltrends: Aus der Technik-Sparte heraus gelangen Spiele häufig erst, wenn etwas Negatives passiert, was dann allein durch das plötzliche Rampenlicht nicht als Einzelfall wahrgenommen wird.
Welche Lösungen können Sie als Bibliothek für diese Probleme anbieten?
Bei unseren Konzepten fragen wir die Kinder aktiv nach ihren Lieblings-Apps/Spielen/etc. und lassen sie darüber erzählen: Warum zockst du das so gerne? Was fasziniert dich daran?
Die begleitenden Erwachsenen haben dabei oft „Aha-Momente“.
Die Kür ist dann natürlich, tatsächlich gemeinsam mal reinzuspielen, offen ran zu gehen, sich vom Hype ein bisschen anstecken zu lassen.
Vor dem Kopfschütteln und Sorgenmachen sollte immer die Neugierde stehen. Wer nicht versteht, warum diese Spiele die Kinder so begeistern, dem werden sie nicht zuhören, wenn man mit ihnen reflektiert darüber sprechen möchte.
Und natürlich kann man in der Bibliothek viele aktuelle Games für Kinder und Jugendliche ausleihen oder vor Ort ausprobieren.
Welche Rolle haben Bibliotheken im Internetzeitalter?
Ich verstehe die Aufgabe der Bibliotheken darin, medienmündig zu machen: das heißt, den Teilnehmern unserer Angebote die Werkzeuge zu geben, gut informiert und reflektiert ihre eigenen Entscheidungen treffen zu können. Nicht nur wird gemeinsam ausprobiert, es wird hinterher darüber geredet, Tipps ausgetauscht, Hilfestellung zum Finden vertrauenswürdiger Informationen gegeben. Eine Art Navigationshilfe durch die Fülle von Daten – so wie wir's ja auch für die klassischen Printmedien sind.
Welche Intention verfolgen sie und Ihre Bibliothek als Partner beim TOMMI?
Der TOMMI ist der ideale Anlass, unsere jungen Kunden dazu zu ermutigen, von reinen Konsumenten zu echten Kennern und Kritikern zu werden. Dass ihre Meinung den Gewinner des Preises maßgeblich beeinflusst, ist ein Ansporn für die Kinder, ein Spiel wirklich auf Herz und Nieren zu überprüfen, und nicht nur in den Sparten „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“ zu denken.Wichtig ist uns dabei auch, dass sich die Kinder aktiv mit den Games auseinandersetzen und ihr eigenes Spielverhalten reflektieren. Wir bieten TOMMI im offenen Kinderprogramm und im Rahmen von Workshops für Schulen an.
Ihre persönliche Vision von Kind und Computer?
Die Selbstverständlichkeit, mit der Kinder mittlerweile von klein an technische Geräte bedienen, mag nach außen erschreckend wirken, aber sie schafft eine Art von Intuition, die für die Kinder im Leben sehr nützlich sein kann.Die Geräte sind es auch gar nicht, wo wir als Pädagogen ansetzen sollten: Die Inhalte sind es. Es ist unsere Aufgabe, die Kinder in geeigneter Weise daran heranzuführen und ihnen beiseite zu stehen, wenn ihnen etwas online begegnet, wovor wir sie gerne schützen würden.
Aber dabei sollte der Spaß nicht aus den Augen verloren werden! Es gibt mittlerweile so viele tolle Games, die man mit der ganzen Familie spielen kann – das wäre doch mal ein idealer Einstieg ins Thema, dem man den pädagogischen Aspekt gar nicht anmerkt.
Was würden Sie gerne noch sagen?
Der TOMMI bereichert die Münchner Stadtbibliothek! Er ist jedes Jahr aufs neue ein absolutes Highlight, zu dem Kolleg*innen aus dem gesamten Bibliothekssystem zusammen kommen und einen mords Spaß haben – und das spüren auch die Kinder.
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