Dornbirn: Stadtbibliothek
Interview mit: Margret PaulmichlIhre Bibliothek ind Worten und Fakten
Die neue Stadtbibliothek Dornbirn wurde im Jänner 2020 eröffnet. Horizonte erweitern, Begegnungen und Lernen ermöglichen, zu einer lebendigen Beteiligungskultur anregen oder in diesem offenen Wohnzimmer der Stadt einfach einen Kaffee trinken und sich entspannen können – diese Funktionen wurden in der Planungsphase als Leitlinien definiert. Die Stadtbibliothek fungiert als Medien- und Informationszentrum. Hier teilt die Stadt ihr Wissen, ihre Bildung, ihre Kultur – analog und digital.
Dass im Architekturwettbewerb genau dieses Bauwerk zum Siegerprojekt gekürt wurde, führt die Idee von sinnlichem Lernen, Freude am Entdecken, am genauen Schauen weiter. Das Gebäude besteht aus vier ineinander verschachtelten Parabeln. Die Hülle – eine Keramikfassade mit 7.714 stilisierten Büchern – bietet Ausblicke in alle vier Himmelsrichtungen. Die physische Form der Parabel hat für die Bibliothek einen stark symbolischen Wert und lehnt sich an die literarische Gattung an: Die Ringparabel von Lessing, in der Toleranz, Offenheit und Begegnungen auf Augenhöhe im Vordergrund stehen, spiegeln die Haltung wider, die in der Bibliothek gelebt werden soll.
Insgesamt 1300 m2 – verteilt auf drei barrierefreie Ebenen – bieten Platz für Medien, Lounge-Bereiche, Rückzugsräume zum Lernen und Räume für Workshops und für Diskussionen. Zwei Eingänge führen die Besucher*innen zum lichtdurchfluteten Atrium mit dem zentralen Infopoint.
Der Innenraum wurde in drei Funktionsbereiche gegliedert: Das Erdgeschoss „Treffen und Austauschen“ beherbergt neben der Info den Freiraum, den Kreativbereich und die Kinderbibliothek. Das Obergeschoss dient vorrangig dem „Lesen und Entspannen“. Hier ist der größte Anteil an physischen Medien untergebracht. Das Untergeschoss steht unter dem Motto „Werken und Experimentieren – analog trifft digital“. Hier befinden sich die Spielothek, die Gamingzone, eine Werkbank und ein Chill-out-Raum für Jugendliche mit Materialen zu Lebenswelten von jungen Menschen.
Die Bibliothek in ihrer Funktion als Wissens- und Ideenraum, als sinnstiftender Begegnungsort wird durch die Flexibilität der Raumgestaltung und die (technische) Ausstattung unterstrichen. Sie wird als physischer Lernort genutzt, daher waren bei der Planung atmosphärische Details wichtig, die hohe Aufenthalts- und Lernqualität bieten. Die multifunktional ausgestatteten Räume (etwa mit Whiteboards, Flipcharts etc.), der Verleih von Laptops während des Aufenthalts vor Ort und die Rückzugsmöglichkeiten ermöglichen individuelles Lernen oder Gruppenaktivitäten.

Welche Aktivitäten bietet Ihre Bibliothek an?
In der Stadtbibliothek Dornbirn organisiert das Pädagogik-Team jährlich über 200 Veranstaltungen, die Kindern und Jugendlichen Zugänge zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Medien ermöglichen sollen. Als Kernaufgabe sieht die Bibliothek die Vermittlung von Medienkompetenzen und die Ermöglichung zahlreicher Berührungspunkte mit analogen und digitalen Medien. Dafür bietet die Bibliothek unterschiedliche Vermittlungsformate für alle Altersgruppen an: Beratungen, Ausstellungen, Medientipps, Rechercheschulungen und Autor*innenlesungen etc. Außerdem sind folgende spezifische Aktivitäten im Angebot:
Kinder: Geschichtenuniversum, Medienprojekte (etwa AnaLog und DigiTal, Hört hört!), Literaturrätsel
Jugendliche: Workshops zu Themen wie Recherche, Fake News, Manga
Eltern: Elternbildungskurse zu Medienthemen
Erwachsene: Digi-Café, Digi Class, Literaturcafé
Ein Großteil dieser Veranstaltungen findet im Kreativraum statt, der wie eine Werkstatt eingerichtet ist. Neben der analogen Spielothek, in der Brettspiele vor Ort ausprobiert werden, können Interessierte die Gamingzone nutzen. In Kooperation mit den Digitalen Initiativen Dornbirn und weiteren Partnern, beispielsweise dem Informationszentrum für Jugendliche aha, bietet die Bibliothek Makerspace-Materialen (Roboterboxen) zum Verleihen an.
Haben Sie etwas Besonderes?
In den Bibliotheksräumen befindet sich der erste Offene Kühlschrank in der Region, in dem Lebensmittel vor dem Wegwerfen bewahrt und getauscht werden.
Die Bibliothek wirkt auch auf den Außenraum: Der Neubau wurde von der Stadtplanung zum Anlass genommen, die Straße vor der Bibliothek zurückzubauen und als Begegnungszone mit Bäumen und Bänken zu gestalten. Das unterstreicht die Funktion der Bibliothek als offener Treffpunkt. Der Außenraum bietet Entspannung, Bewegung und frische Luft. Dafür sorgen ein Kinderspielplatz und ein kleiner Park. Während der Sommermonate nutzt die Bibliothek den Park für unterschiedliche Aktivitäten.
Welche Rolle haben Ihrer Meinung nach Computer- und Konsolenspiele in der heutigen Kindheit?
Digitale Medien gehören zur Lebensrealität der Kinder. Nicht zuletzt die Lockdown-Situation der vergangenen Monate hat den Medienkonsum von Kindern steigen lassen. Da die Kinder nicht mehr in die Schule gehen und ihre Freund*innen treffen konnten, hat sich das Treffen und Austauschen vielfach ins Internet verlegt.
Welche gängigen Probleme haben aus Ihrer Sicht Eltern und Pädagogen bei Computerspielen und Konsolenspielen?
Der Markt an Computer- und Konsolenspielen ist nach wie vor ein wachsender, und daher gestaltet es sich zunehmend schwieriger, um sich einen Überblick zum Marktangebot zu verschaffen. Dazu kommt, dass Eltern und Pädagog*innen vielfach nicht über verlässliche Informationen zur Beurteilung von Computerspielen verfügen. Das führt zur Ablehnung oder gar zur Dämonisierung dieser Spiele. Bei diesem Thema treffen negative Meinungen wie: „Computerspiele machen dick und gewalttätig“ auf positive Meinungen wie: „Sie machen geschickt und fördern die Reaktion und Kreativität der Kinder“ aufeinander. Grundsätzlich haben Erwachsene die Sorge, dass die Kinder zu viel Zeit im Internet verbringen.
Außerdem scheinen nicht alle Eltern oder Pädagog*innen Interesse an der aktiven Auseinandersetzung mit Computer- und Konsolenspielen zu haben. Weiters kennen die meisten Eltern die unterschiedlichen Videospielangebote zu wenig und wissen deshalb nicht, welche Spiele für welches Alter angemessen sind und welche Internetzeit pro Tag förderlich ist. Bei Online-Spielen kommt noch zusätzlich die Angst hinzu, dass sich ihre Kinder mit „fremden Personen“ im Internet austauschen und eventuell private Informationen weitergeben könnten. Es scheint, dass nach wie vor die negativen Aspekte der Computer- und Konsolenspiele im Vordergrund stehen: Sie würden süchtig und gewalttätig machen und die Kinder in ihrer natürlichen Entwicklung hemmen. Insgesamt scheinen viele Eltern und Pädagog*innen mit diesen Einschätzungen dem Thema ablehnend gegenüber zu stehen.
Dazu kommt, dass die Kosten der diversen Konsolenspiele und das passende Equipment nicht zu unterschätzen sind und gerade für Familien mit einem geringeren Haushaltseinkommen ein Problem darstellen.
Welche Intention verfolgen Sie und Ihre Bibliothek als Partner beim TOMMI?
Die Bibliothek möchte verlässliche Informationen zu Computerspielen bieten. Eltern und Pädagog*innen sollen sich bei der Auswahl von Computerspielen auf Empfehlungen der Bibliothek verlassen können und angeregt werden, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Stadtbibliothek Dornbirn legt großen Wert auf Partizipation und bürgerschaftliches Engagement. Die Beteiligung bei TOMMI verspricht die aktive Einbindung von Kindern und Jugendlichen und die reflektierte Auseinandersetzung mit Spielen. Durch die intensive Beschäftigung mit Computerspielen auch auf der Meta-Ebene können Kinder einen angemessenen Umgang mit diesen Medien erproben, neue Spiele ausprobieren und Spaß am gemeinsamen Spielen haben. Dazu kommt, dass die Bibliothek durch das zur Verfügung stellen von Computerspielen Teilhabe ermöglichen möchte.
Ihre persönliche Vision von Kind und Computer?
Kinder sollen schon in jungen Jahren lernen, was es bedeutet Computer, Internet und Co verantwortungsbewusst zu nutzen. Dabei sollen aber keineswegs der Spaß, die Entfaltung der Kreativität und die Eigenständigkeit der Kinder zu kurz kommen. Idealerweise entdecken sie die Welt der Medien spielerisch und wissbegierig gemeinsam mit ihren Freund*innen, ihren Mitschüler*innen und ihren Familien, sodass gleichzeitig den Eltern die Angst vor dem Unbekanntem genommen wird.
Stadtbibliothek Dornbirn
Schulgasse 44a
A 6850 Dornbirn
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag von 10:00 bis 18.00 Uhr
Samstag 10:00 bis 16:00 Uhr
Montags geschlossen